Andrea Orcel gibt sich in einem aktuellen Interview ungewohnt handzahm. Der Unicredit-Chef wolle keine feindliche Übernahme der Commerzbank durchsetzen, sondern einen konstruktiven Dialog mit allen Beteiligten führen. Zugleich betont er aber erneut die Vorzüge eines Zusammenschlusses.
Im Ringen um die Commerzbank lehnt Unicredit-Chef Andrea Orcel ein öffentliches Übernahmeangebot ab. „Nein, das wäre ein aggressiver Akt“, sagte er im Gespräch mit der italienischen Zeitung Il Messaggero auf eine entsprechende Frage. „Wir haben 4,5 Prozent auf dem Markt gekauft und 4,49 Prozent, die uns der deutsche Staat verkauft hat. Wir sind zufrieden mit dem, was wir getan haben.“
Die Unicredit könne die Commerzbank-Beteiligung auch wieder verkaufen „und einen bedeutenden Gewinn machen, denn der Aktienkurs der Commerzbank ist schön gestiegen.“
Orcel betonte zudem erneut, dass die Bundesregierung vom Interesse der Unicredit auf jeden Fall gewusst habe. „In den letzten zwei bis drei Jahren haben wir der deutschen Regierung und einer Reihe von anderen Beteiligten wiederholt unser Interesse an der Commerzbank signalisiert“, so der Unicredit-CEO. „Zu gegebener Zeit würden wir gerne einen konstruktiven Dialog mit dem Management der Commerzbank und der deutschen Regierung führen.“
Den Einstieg bei der Commerzbank sieht Orcel nicht als Anschleichen. „Letztendlich sind neun Prozent eine bedeutende, aber keine invasive Beteiligung. Wir hätten ein vollständiges Übernahmeangebot abgeben können, aber das haben wir nicht getan.“
Zugleich warb Orcel gegenüber der FAZ für ein Zusammengehen von Unicredit und Commerzbank: „Deutschland braucht mehr Wettbewerb im Bankensektor. Eine zweite starke und profitable Bank könnte dabei helfen.“ Die Unicredit mit ihrer Tochter HypoVereinsbank (HVB) könne die Commerzbank mit mehr Kapital unterstützen.
Geographisch sei die HVB vor allem in München und Hamburg stark, die Commerzbank im Rest von Deutschland, vor allem im Nordosten. Die Commerzbank habe mehr Filialgeschäft mit Privatkunden, die HVB weniger. „Aus all diesen Gründen erhielten wir eine relativ positive Reaktion aus der Unternehmenswelt, besonders aus dem Mittelstand“, berichtete Orcel.
Commerzbank-Finanzchefin Bettina Orlopp forderte jüngst, der Bund solle erst einmal keine weiteren Anteile verkaufen. Das Institut brauche nun Ruhe. Zumindest bis Anfang Dezember besteht ohnehin eine 90-tägige Sperrfrist für den Verkauf weiterer Commerzbank-Aktien durch den Bund.
Das Commerzbank-Führungsteam trifft sich kommende Woche, um Updates ihrer Strategie 2027 mit dem Aufsichtsrat zu besprechen und das weitere Vorgehen zu erläutern. Dabei dürfte auch die künftige Führungsfrage auf dem Programm stehen, nachdem CEO Manfred Knof seinen Rückzug angekündigt hat.
Mit Material von dpa-AFX.