BERLIN (dpa-AFX) - Kurz vor den Wahlen in Thüringen und Sachsen ist der Ausgang aus Sicht des Meinungsforschers Manfred Güllner ungewöhnlich schwer absehbar. Der Einfluss des Terroranschlags von Solingen auf Ergebnisse einzelner Parteien am Sonntag sei offen, sagte der Gründer des Instituts Forsa bei einer Podiumsdiskussion der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Wir haben ja ohnehin eine große Unsicherheit."
Die beiden Ministerpräsidenten - Bodo Ramelow (Linke) in Thüringen und Michael Kretschmer (CDU) in Sachsen - seien jeweils sehr beliebt, erläuterte Güllner. Das gelte auch für Anhänger anderer Parteien, doch die stimmten nicht für die Amtsinhaber.
"Das ist eine Situation, eine Entscheidungsmatrix, die wir auch so in den alten Bundesländern nicht gewohnt sind", sagte Güllner. "Das macht ohnehin eine große Unsicherheit, ob eben die Stimmungen, die wir vor der Wahl messen, sich auch in Stimmen niederschlagen." Er fügte hinzu: "Im Zweifel müssen wir wirklich das Wahlergebnis abwarten, vielleicht auch das Endergebnis, um zu wissen, welche Koalitionen überhaupt möglich sind."
"Überlegungen zu taktischem oder strategischem Wählen"
Der Dresdner Politologe Hans Vorländer äußerte die Erwartung, dass die CDU in Sachsen mit der Migrationsdebatte punkten könnte. Zum einen vermittle CDU-Bundeschef Friedrich Merz den Eindruck, dass er das Heft des Handelns übernehme. Zum anderen habe Sachsens Ministerpräsident Kretschmer das Thema selbst immer gesetzt. "Das wird die CDU, wenn ich mich nicht ganz schwer täusche, doch wieder ein bisschen nach oben ziehen", sagte Vorländer. "Ob es reicht, dass er stärker wird als AfD, ist eine andere Frage."
In diesem Jahr gebe es besonders viele unentschiedene Wählerinnen und Wähler, meinte der langjährige Forscher der TU Dresden. Und bei diesen "gibt es sehr wohl Überlegungen zu taktischem oder strategischem Wählen". Es gehe dabei um die Frage, ob die CDU zur stärksten Kraft gemacht oder ob eher Grünen und SPD zum Einzug in den sächsischen Landtag verholfen werden solle, "damit die CDU nicht in die Verlegenheit kommt, mit BSW in Gespräche einzutreten".
In Sachsen regiert Kretschmer derzeit mit SPD und Grünen. Die CDU lag dort zuletzt in Umfragen vor der AfD, die auf etwa 30 Prozent kam. In Thüringen liegt die AfD in den Ufmragen seit längerem auf Platz eins, deutlich vor der CDU und dem Bündnis Sahra Wagenknecht./vsr/DP/zb