Das chinesische Elektroauto-Start-up Nio passt angesichts geopolitischer Entwicklungen seinen Ansatz für die globalen Märkte an, wie CEO William Li am Donnerstag gegenüber Reportern erläuterte. „Unser Ansatz wird sich ändern“, sagte CEO William Li gegenüber CNBC. Das steckt dahinter.
Nio wird den Fokus weiterhin auf China legen und gleichzeitig an dem Anspruch festhalten, ein global tätiges Unternehmen zu sein. „Wir müssen uns den veränderten Bedingungen anpassen, ohne unsere globalen Ambitionen aufzugeben“, betonte Li.
Am Mittwoch stellte Nio seine neue und günstigere Marke namens Onvo vor und enthüllte den L60-SUV, der rund 4.000 US-Dollar weniger kostet als Teslas Model Y. „Mit Onvo möchten wir ein breiteres Marktsegment bedienen und gleichzeitig wettbewerbsfähig bleiben“, erklärte der CEO.
In Bezug auf die europäische Expansion erläuterte Li, dass Nio zuvor eine Direktvertriebsmethode verwendet habe. „Aber jetzt haben wir Onvo und bald werden wir auch Firefly einführen, eine noch günstigere Einstiegsmarke“, sagte Li. „Um den globalen Markt zu erschließen, suchen wir nach lokalen Partnern, die den Vertrieb und eventuell auch die Produktion übernehmen können. Wir müssen flexibel sein und uns den lokalen Gegebenheiten anpassen“.
Herausforderungen und Strategien
Die Entwicklungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem die Biden-Regierung diese Woche Zölle von 100 Prozent auf Importe chinesischer Elektroautos angekündigt hat, während die Europäische Union ähnliche Maßnahmen erwägt. Dies geschieht vor dem Hintergrund wachsender Spannungen zwischen den USA und China, die sich auch auf fortschrittliche Halbleiter konzentrieren.
Li kritisierte diese Zölle als „unangemessen“ und warnte vor den möglichen negativen Auswirkungen auf Verbraucher und Klimaziele. „Die Zölle der USA auf chinesische Elektroautos sind ein hinderlicher Schritt für die globale Klimastrategie“, sagte er. Im Gegensatz dazu bezeichnete Li die chinesischen Zölle auf Autoimporte als angemessen und unterstützte die Abschaffung von Zöllen auf Importfahrzeuge mit neuer Energie, zu denen auch Hybrid- und reine Elektrofahrzeuge gehören.
Wettbewerb in China
China erlebt einen rasanten Anstieg der Verkäufe von Fahrzeugen mit neuer Antriebstechnik. Dieser harte Wettbewerb zwingt Unternehmen wie Tesla dazu, die Preise zu senken. „Wir erwarten, dass der Großteil des Preiskampfs vorbei ist“, sagte Li optimistisch und prognostizierte, dass letztendlich etwa zehn Autohersteller aus dem Markt ausscheiden würden, wodurch etwa 20 bis 30 Akteure verbleiben. „Zu den Überlebenden werden sowohl globale Autohersteller als auch inländische chinesische Akteure sowie innovative Start-ups gehören“, fügte er hinzu.
Li hob hervor, dass Nio sich auf stabile Preise konzentrieren werde. Für seine preisgünstigere Marke Onvo plant das Unternehmen, jedes Jahr ein neues Modell auf den Markt zu bringen. „Nächste Jahr wird ein weiteres SUV für größere Familien eingeführt“, sagte Li.
Er schätzt, dass Onvo mit einem monatlichen Verkaufsvolumen von etwa 20.000 Einheiten einen positiven Einfluss auf Nio haben könnte. Das an der US-Börse notierte Unternehmen kämpft weiterhin mit finanziellen Verlusten, investiert aber stark in Forschung, Batterieladestationen und Wechselstationen. „Unsere Infrastruktur soll uns langfristig Wettbewerbsvorteile verschaffen“, erklärte Li.
Onvo-Nutzer bekommen Zugang zum Batterieladenetzwerk und Wechselstationen von Nio, jedoch nicht zu den exklusiven Nio House-Klubhäusern, die für die Premiumkunden vorbehalten sind. Eine innovative Verkaufsstrategie von Nio besteht darin, die Karosserie eines Autos vom Energiesystem zu trennen, sodass Kunden weniger im Voraus zahlen und die Batteriedienste über ein monatliches Abonnement nutzen können.
„Der Abonnementplan für den Batterieservice von Onvo wird im September veröffentlicht, zeitgleich mit dem Beginn der Auslieferung des L60“, kündigte Li abschließend an.
Das macht die Nio-Aktie
Die Nio-Aktie schloss am Donnerstag um knapp acht Prozent tiefer bei 5,33 Dollar. Vorbörslich steigt sie um 1,1 Prozent.
von Sarina Rosenbusch