Esprit hat ein turbulentes Jahr mit finanziellen Einbußen hinter sich. Inmitten dieser Schwierigkeiten sucht das Unternehmen nun nach Lösungen und befindet sich unter anderem in Verhandlungen mit einem internationalen Private-Equity-Unternehmen. Im Gespräch mit Finanztreff.de verrät Luxusexperte Dr. Frank Müller, wie er die Zukunft des Konzerns einschätzt. Zudem startete die Redaktion eine Leserumfrage.
Esprit sieht sich nicht nur finanziellen, sondern auch bedeutenden Markt- und Unternehmensherausforderungen gegenüber. Diese umfassen schwierige Bedingungen im europäischen Einzelhandel, steigende Energie- und Logistikkosten sowie eine rückläufige Verbraucherstimmung. Die Beendigung der Partnerschaft mit dem deutschen Mode-Franchiser PTH Group erhöht zusätzlich den Druck auf das Unternehmen. Als Reaktion darauf hat Esprit mit einem Rebranding und strategischen Maßnahmen unter der Führung der ehemaligen Markenchefin Ana Andjelic und CEO William Pak begonnen, die Marke neu auszurichten, um das Unternehmen für die Zukunft zu stabilisieren.
Im Geschäftsjahr 2023 kämpfte die Modekette Esprit mit erheblichen finanziellen Schwierigkeiten, die sich in einem Nettoverlust von rund 225,9 Millionen Euro und einem Umsatzrückgang von 16 Prozent auf etwa 700 Millionen Euro manifestierten. Weiterhin markierten Insolvenzanmeldungen in europäischen Ländern, zuletzt in Belgien, die anhaltenden Probleme des Unternehmens. Um diese prekäre Lage zu bewältigen, sucht Esprit aktiv nach Lösungen durch Gespräche mit Investoren, unter anderem mit einem internationalen Private-Equity-Unternehmen.
Einschätzung des Luxusexperten
Finanztreff.de hat mit Luxusexperte Dr. Frank Müller gesprochen. Er ist seit vielen Jahren in der Luxusindustrie tätig und CEO von The Bridge to Luxury.
Wie ihre Konkurrenten Zara und H&M sehe sich Esprit als Modemarke im breit gefächerten mittleren Preissegment mit essentiellen Schwierigkeiten konfrontiert, erklärt Müller. Eine große Zahl junger Käufer tendiere entweder zum günstigsten Angebot, wobei seit Covid der Online-Erwerb auf populären Plattformen präferiert wird, oder sie orientieren sich hin zu Marken, die ein höheres soziales Prestige bieten. Bei Esprit komme die vergleichsweise kleine Unternehmensgröße hinzu, die weniger Spielräume ermöglicht, Krisen abzuwettern oder sogar antizyklisch in Wachstum zu investieren.
„Die Insolvenz einzelner Töchterunternehmen muss grundsätzlich nicht die Mutter in Frage stellen“, urteilt Müller. „Aber bei Esprit glaube ich, dass trotz eines kleinen Strohfeuers des Aktienpreises aufgrund der Aussicht eines neuen potenziellen Investors die Zeiten schwierig bleiben. Ein weiterer Grund ist, dass die Marke für das Zielpublikum nicht jene Emotionen auslöst, die es ergänzend zu den Faktoren Kollektionen und Preis benötigt.“ Denn, gerade in der Fashionbranche gelte der Leitspruch: „Product is king but branding queen“.
Leserumfrage
Im direkten Vergleich mit zwei Modehändlern favorisieren 51 Prozent der 1.599 Teilnehmer Zara, während nur zwölf Prozent für Esprit stimmen. 37 Prozent kaufen lieber bei H&M ein. Auf die Frage, was vom Kauf bei Esprit abhält, antworteten 59 Prozent der 1.494 Teilnehmenden mit „Gefällt nicht“, während 14 Prozent die Kleidung für zu teuer halten. 27 Prozent gaben andere Gründe an.
Bei der Entscheidung für eine Mode-Aktie kommt Esprit ebenfalls nicht gut weg: Von den 475 Teilnehmenden halten 59 Prozent die H&M-Aktie, 19 Prozent haben sich für die Inditex-Aktie (Zara) entschieden und 13 Prozent sind bei Esprit investiert. Die Mytheresa-Aktie halten neun Prozent der Leser.
Das macht die Esprit-Aktie
Nach dem gewaltigen Kurssprung am Mittwoch geht es bei der Esprit-Aktie wieder bergab. In Hong Kong fallen die Papiere um 8,8 Prozent. Damit erwies sich die jüngste Erholung als Strohfeuer.
von Sarina Rosenbusch