Von Stephen Wilmot
The Wall Street Journal
Übersetzung: Thomas Steer
Die Q3-Ergebnisse der beiden Luxusautohersteller zeigen, was Fertigungseffizienz und Lieferkettenmanagement bewirken können.
Die Superreichen geben mehr Geld denn je für schicke Autos aus. Das macht ihre Herstellung aber nicht immer superprofitabel.
Ferrari meldete am Mittwoch neben dem Q3-Ergebnis einen „bemerkenswerten Auftragseingang“. Der Luxusautohersteller gibt zwar keine Zahlen zu Vorbestellungen bekannt; die Bestellungen für das Modell Purosangue liegen aber „weit über unseren kühnsten Erwartungen“, sagte CEO Benedetto Vigna im Gespräch mit Analysten. Der Purosangue ist Ferraris viel diskutierte Antwort auf SUVs und wurde im September mit einem Startpreis von 390.000 Euro (385.000 Dollar) in Italien auf den Markt gebracht.
Ferrari hat seine Prognose für das Gesamtjahr angehoben: Es rechnet nun mit einem Umsatz von 5 Milliarden Euro. Das wären rund 17 Prozent mehr als im Vorjahr und fast ein Drittel mehr als 2019 vor der Pandemie. Der bereinigte operative Gewinn dürfte bei über 1,18 Milliarden Euro liegen, was einer Gewinnmarge von etwa 24 Prozent entspräche – weit über dem Durchschnitt börsennotierter Autohersteller. Die Ferrari-Aktie ist dennoch gefallen. Das zeigt, wie hoch die Erwartungen nach jahrelanger guter Leistung sind.
Es ist nicht einfach, eine Luxusautomarke erfolgreich zu führen. Man braucht nur einen Blick auf Aston Martin Lagonda (AML) zu werfen, das ebenfalls am Mittwoch seine Zahlen vorgelegt hat. Das Unternehmen hat attraktive Produkte, wenn auch nicht in der gleichen Liga wie Ferrari. Im dritten Quartal stieg der Durchschnittspreis für einen Aston Martin auf einen Rekordwert von 189.000 Pfund (etwa 217.000 Dollar), Sondermodelle nicht mitgerechnet. Die Bestellungen für die wichtigsten Sportwagen des Herstellers erstrecken sich zudem bis weit ins nächste Jahr hinein. Das Unternehmen leidet jedoch seit Jahren unter einer schwachen Rentabilität und anhaltenden betrieblichen Problemen.
In letzter Zeit machten Verzögerungen in der Logistik und Engpässe bei bestimmten Teilen für die Innenausstattung Probleme. Dadurch konnte das Unternehmen nicht alle geplanten Fahrzeuge ausliefern. Durch Hurrikan Ian verzögerten sich beispielsweise die Lieferungen aus Großbritannien in den überaus wichtigen US-Markt. Die Probleme scheinen nur vorübergehend zu bestehen, und das Unternehmen wird im nächsten Jahr neue Produkte auf den Markt bringen. Diese sollen flexibler produziert werden, um so die Rentabilität zu steigern. Seit seinem Börsengang 2018 ist AML jedoch für die Anleger eine ständige Enttäuschung, und nur wenige wollen dem Unternehmen einen Vertrauensvorschuss geben.
Die AML-Aktie brach am Mittwoch um 15 Prozent ein, als das Unternehmen seine Umsatz- und Gewinnprognose nach unten korrigierte. In diesem Jahr ist die Aktie um 82 Prozent gefallen. Daran änderte auch eine vergünstigte Bezugsrechtsemission im September nichts. Selbst nach dieser Kapitalerhöhung scheint die Unternehmensbilanz überschuldet zu sein. Das grundlegende Problem ist die unzureichende Generierung von Cash.
AML muss so werden wie Ferrari: eine fein abgestimmte Gelddruckmaschine. Und AML sucht auch die Verbindung zu Ferrari: AML hat im Juni den ehemaligen Ferrari-CEO Amedeo Felisa als neuen Chef und einen ehemaligen Ferrari-Ingenieur als Chief Technical Officer eingestellt. Ferrari wird in diesem Jahr wahrscheinlich etwa doppelt so viele Autos herstellen wie AML, hat aber einen fast 17-mal höheren Unternehmenswert.
Dieser Vergleich verdeutlicht die Chancen für langfristige Anleger, falls AML endlich ein Turnaround gelingt. Nur sehr wenige Automarken können so hohe Preise wie Aston Martin verlangen, und die meisten von ihnen sind gut im Geschäft. Volkswagen meldete letzte Woche bei seinen teuersten Marken, Lamborghini und Bentley, eine ähnliche Rentabilität wie Ferrari.
Es gibt außerdem eine ganze Reihe zahlungskräftiger Investoren, die AML unter die Arme greifen wollen. Bei der letzten Kapitalerhöhung wurden der saudische Staatsfonds und der chinesische Autohersteller Geely an Bord geholt. Der größte Aktionär und gleichzeitig Vorstandsvorsitzender bleibt jedoch der kanadische Milliardär Lawrence Stroll.
Das Risiko für kleinere Investoren besteht darin, dass sie noch mehr Geld nachschießen müssen, bevor AML endlich den langersehnten Turnaround schafft. Die Produkteinführungen im nächsten Jahr werden von entscheidender Bedeutung sein. Das Unternehmen wird darauf hoffen müssen, dass die Reichen dann immer noch das Gefühl haben, von den größeren wirtschaftlichen Problemen abgeschirmt zu sein.